Spanier zelebrieren den Luxus in Dosen. Feinkost aus der Konserve bedeutet auf der Iberischen Halbinsel keinen Widerspruch in sich, sondern Thunfisch, Muscheln, Sardinen, Sardellen und Makrelen sind eingelegt begehrte und kostbare Delikatessen.
Während hierzulande Fisch in Dosen ein eher unrühmliches Schattendasein fristet und im Supermarkt für kleines Geld verkauft wird, ist es in Spanien um Qualität und Image der Fischkonserven ganz anders bestellt. Spanier lieben Fisch und Meeresfrüchte aus der Dose oder ganz edel aus dem Glas. Der Fang wird frisch aus dem Fischernetz verarbeitet, mit allerlei Finessen gewürzt und in spezielle Marinaden (escabeches) eingelegt. Kein Vergleich also zu dem, was in Deutschland üblicherweise in deutschen Discountmärkten angeboten wird. Spanische Fischkonserven passen in das Sortiment exklusiver Feinkostläden, auch was das gehobene Preissegment anbelangt. Warum das so ist, erschließt sich dem Käufer einer solchen Luxuskonserve zunächst beim Anblick der Fischspezialitäten. Spätestens aber beim Kosten des Inhalts wird klar, dass es sich hier nicht um profanen „Dosenfisch“, sondern um ein Spitzenprodukt handelt, das auch als Tapa köstlich zur Geltung kommt.
Heute führt der Weg vom Fischkutter häufig direkt in die Konservenfabrik oder in eine der kleineren Manufakturen, die sich an Spaniens Küsten angesiedelt und auf das Einlegen von fangfrischem Fisch spezialisiert haben. Die Spanier verstehen ihr Handwerk von alters her, denn die Geschichte des Konservierens reicht zwei Jahrtausende zurück. An der Atlantikküste erfüllten Olivenöl und einfache Salzlaken schon damals den Zweck, Lebensmittel dauerhaft haltbar zu machen.
Im 8. Jahrhundert dominierten die Mauren einen Großteil der Iberischen Halbinsel. Ihrem Einfluss sind die raffinierten Kräuterbeizen auf Wein- oder Essigbasis zu verdanken, die den Geschmack der eingelegten Meeresfrüchte und Fische intensivieren. Im 19. Jahrhundert sollte sich diese Kunst des Einlegens und Konservierens für die Spanier als hilfreich in der Not erweisen. Trotz spärlicher Fangquote im Mittelmeer mussten die Katalonier nicht auf ihre heiß geliebten Sardinen verzichten, denn diese wurden an der Atlantikküste nach wie vor reichlich gefangen, in Dosen gefüllt und in den Nordosten Spaniens transportiert.
Die Fischkonservenindustrie zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen Spaniens. Die meisten Feinschmeckerkonserven werden für den Eigenbedarf produziert, nur ein Drittel ist für den Export bestimmt. Extrem beliebt sind eingelegte Muscheln, aber Spanier können sich auch für exotisches Meeresgetier wie Tintenfisch und Krake in der Konserve begeistern.
Zwischen Fischfang und Einlegen vergehen in der Regel weniger als 24 Stunden. Frische ist oberstes Gebot, auch bei der Fischkonserve. Nach dem Sortieren, Säubern und Filetieren wird der Fang gebraten oder schonend gedämpft und anschließend zusammen mit einer Marinade in die Konserve gefüllt. Diese sogenannten escabeches sind eine wichtige Komponente, denn sie sorgen für individuelle geschmackliche Merkmale. Sobald die Dosen luftdicht verschlossen sind, werden sie unter Dampf erhitzt. Temperaturen von mehr als 100 °C sind erforderlich, damit die Konserve ohne Kühlung mehrere Jahre haltbar bleibt. Spanische Feinschmecker schwören auf eine anschließende mehrmonatige Reifezeit. Konserven mit Muscheln sollen sogar mindestens ein Jahr lagern, da sich direkt nach der Produktion die Aromen von Marinade und Meerestieren oder -früchten noch nicht vollendet miteinander verbunden haben.
Konservierte Premium-Qualität, oft mit dem Gütesiegel D.O. ausgezeichnet, trifft in Spanien und zunehmend auch in anderen Ländern auf Gourmets, die ohne mit der Wimper zu zucken bis zu 60,- Euro für Spitzenprodukte bezahlen. „Sardinas“ – eingelegte Sardinen – finden Abnehmer, die für besondere Jahrgänge mehr als 80,- Euro ausgeben. Diese Jahrgangssardinen sind jedoch sehr rare Liebhaber-Delikatessen einiger weniger Produzenten. Wer nicht ganz so viel Geld in eine Fisch- oder Meeresfrüchtekonserve investieren möchte, kann ausgezeichnete Ware auch zu deutlich günstigeren Preisen erstehen. Diese liegen allerdings immer noch weit über dem niedrigen Preisniveau, das wir in Deutschland gewohnt sind.
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